Deputat-Kohle: Die inszenierte Schlagzeile
Dokumentiert von www.rf-news.de
25.11.16 - Wer gestern morgen die Zeitung aufschlug, stieß – zumindest in Nordrhein-Westfalen – auf die Schlagzeile "Kein Dauer-Anspruch auf Kohlelieferung". Interessant ist vor allem die Geschichte hinter dieser Schlagzeile.
Die sogenannte Deputat-Kohle ist für aktive Bergleute ein Lohnbestandteil, für viele Bergbau-Rentner und gegebenenfalls ihre Witwen ein verbriefter Rentenanspruch – er wird in Kohle oder Geld ausbezahlt.¹ Die Ruhrkohle AG (RAG) versucht seit Jahren diesen Rentenanspruch der Bergleute und ihrer Familien loszuwerden – über 155.000 Menschen vor allem im Ruhrgebiet und im Saarland sind betroffen. Gemeinsam mit der IGBCE-Spitze wurde dazu ein Tarifvertrag hinter dem Rücken der Kumpel ausgehandelt. Der lebenslange Anspruch soll nach diesem Vertrag durch eine – viel niedrigere – Einmalzahlung abgegolten werden. Nachdem bereits in den Jahren vorher zehntausende Bergleute mit anderen Verträgen um diesen Anspruch gebracht wurden. Viele ehemalige Bergleute wissen bis heute nichts von diesem Vorgang, weil sie nicht informiert wurden.
Inzwischen wächst aber der Widerstand gegen den Rentenklau. Hunderte nahmen an Veranstaltungen der überparteilichen Bergarbeiterinitiative Kumpel für AUF teil. Rund 600 Betroffene reichten bisher Klage ein. Viele werden von dem engagierten und kompetenten Dortmunder Anwalt Daniel Kuhlmann vertreten. Er arbeitet dazu auch mit Kumpel für AUF zusammen.
Auf einer diesbezüglichen Info-Veranstaltung am Mittwochabend, 23. November, bereitete Daniel Kuhlmann die erstaunten Zuschauer auf die Schlagzeile „Kein Daueranspruch“ vor. So wurde eine Klage vor dem Landesarbeitsgericht Hamm abgewiesen. Minuten später hatte die RAG das Urteil bereits an die Presseagenturen durchgereicht. Diese Klage wurde „rein zufällig“ im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem öffentlichen Bekanntwerden der Massenklage eingereicht. Der Anwalt des Einzelklägers lehnte das Angebot der Kanzlei Kuhlmann ab, Argumente und Recherchen zur Thematik auch nur entgegenzunehmen. Schon dieses Verhalten war sehr ungewöhnlich. Soll durch dieses Verfahren seitens der RAG- und/oder IGBCE-Spitze ein Präzedenzfall inszeniert werden? Wollen die Verantwortlichen damit weitere Kumpel von einer Klage abschrecken und Verwirrung stiften? Ungewöhnlich war abermals, dass der Kläger aus „persönlichen Gründen“ nach der zweiten Instanz auf Revision verzichtete, obwohl sie sogar zugelassen worden war.
Auf der Veranstaltung am Mittwoch wurde deutlich: auf keinen Fall auf den Anspruch verzichten; sich mit Kumpel für AUF beraten und zusammenschließen! Weitere Kumpel entschlossen sich zu klagen. Veranstalter - neben Kumpel für AUF auch das kommunale Wahlbündnis AUF Gelsenkirchen – und die meisten der rund 50 Besucherinnen und Besuchern waren sich einig: Neben möglichst vielen Klagen wird es auch Protest auf der Straße geben und das Thema wird in den beginnenden Landtagswahlkampf in NRW einziehen. Keine der im Landtag vertretenen Parteien hat für die Rentenansprüche der Bergleute einen Finger krumm gemacht!
¹ Für manche auch in Form einer sogenannten Energiebeihife